Segeln
1974 bis heute

Geiler Keil 2.000
Bild von Johannes Potzler 2.000 gemalt. Boot: Geiler Keil, Eigenbau (siehe weiter unten)

Es gab einmal eine Zeit, da war ich Mitte 20, Student in Bonn, und es kam eine neue Methode auf, Boote zu bauen. Man arbeitete mit Abwicklungen der Außenhaut aus Sperrholz und "nähte" diese an der Kimm und im "Kielbereich" mit Kupferdraht zusammen. Dann symmetrisch in Form bringen und Kimm und "Kiel" mit Polyester und Glasgewebestreifen Stück für Stück verkleben, dann die Kuperdrähte entfernen und die Nähte mit langen Streifen Glasfasergewebe dauerhaft verbinden. Eine ziemliche Sauerei, wenn man nicht alles abklebt. Ich dachte mir, das könne man auch später noch entfernen. Eher nicht. Aber bitte, es war das erste Boot, ich hatte nur die Abwicklungen, keine Bauanleitung, und ging ans Werk.

Los ging's. Das Sperrholz hatte ein Holzlieferant auf Lager, ein Kunde hatte das teure Zeug von Hechthout in den Niederlanden nicht abgeholt, daher Sonderpreis für mich. 7 mm stark und das festeste Sperrholz, das ich bis heute in der Hand hatte. Viel zu schade für so ein Boot. Das Schäften der großen Platten hatte ich mir angelesen, einen großen alten Tisch besorgt und einen Hobel und einen Schleifstein. Tatsächlich brachte ich nach kurzer Zeit vernünftig plane Schäftungen zustande - dem alle halbe Stunde geschärften Hobelmesser sei Dank. Dann habe ich die Planken das erste Mal verbunden. Siehe unten. Mein Bauplatz war mein Studentenzimmer, in der Mitte durch ein Glastür geteilt, nach hinten aber zum Garten hin offen mit zwei Fenstern. Das war wichtig, denn dort musste das Boot hinaus und dann zu einer Garagentür und von dort durch die Garage auf die Strasse.

Ich und Sperrholz


Schon wieder ich


Das Boot war mit über 5 m Länge wohl doch etwas groß für die alte Studentenbude, das Bett musste später halb unter das Boot. Leider war ich nie ein Fan von Photos - wozu hat man ein Gedächtnis. Es gab also nur Photos, wenn ein anderer sie machte. Einige Zeit später hatte ich den Rumpf zusammen, an Bug und Spiegel und auch "unterwegs". Ein wabbeliges Ding, das dafür aber gut durch das Fenster in den Garten und von dort in die Garage zu bugsieren war. Meine Mitbewohner waren froh, denn der Polyestergestank der ersten Zeit war wirklich furchtbar und Expoxi war noch nicht in Mode und viel zu teuer - Anfang der 70er. Ich hatte übrigens das ganze alte Haus gemietet und Zimmer untervermietet. Sonst wäre ich wohl gerädert worden ob meiner Ambitionen.
 
In der Garage wurde dann das vorbereitete Deck flach auf den Boden gelegt, und der zusammengeharzte, wabbelige Bootskörper über Kopf darauf gesetzt, fest nach unten gedrückt und dann mit dem Deck verklebt. Innen und außen. Mein Holz war allerdings so steif, dass ich mir eine Grubenwinde von einer Baustelle leihen musste - und trotzdem bekam ich das Ding kaum zusammen. Dann war endlich ein fester Bootskörper entstanden und konnte im Licht des Tages betrachtet werden.

endlich draußen


Es folgte ein endloses Spachteln und Schleifen. Mast und Segel kaufte ich gebraucht von einem Hersteller, der nur eine Stunde entfernt arbeitete - LIS. Die hatten alles, was ich brauchte und waren sehr nett. Ich war noch öfter dort.

PSI

Nun kam die Frage: Wo sollte dieses denn eigentlich Boot segeln. Rhein? Giftig damals und zuviel Strömung und Schiffe. Rurtalsperre und Mosel waren jedoch erreichbar in 1 bis 1,3 Stunden. Die Entscheidung nahm mir ein netter älterer Segler ab, der sein Kielboot bei Koblenz auf der Mosel in einem Club hatte. Der fuhr an der Garage vorbei, fand meinen Eigenbau (ein fremder Entwurf) verrückt und spannend, besorgte mir einen Platz und eine Mitgliedschaft und damit war ich an der Mosel installiert. Segeln konnte ich schon, denn meine Eltern hatten ein Kielboot am Rursee.

Mein Boot erwies sich als recht rank, es schwamm so hoch auf, als hätte jemand die Urmasse um 20% vergrößert und die ^3-Regel nicht beachtet. Doch ein junger Mann vom Club fand das nur richtig sportlich - er war 470er Segler und in der Olympiaauswahl. Mit ihm kenterte ich in einem Gewitter vor der Schleuse bei Koblenz und die Feuerwehr kam mit Tatütata gerast, denn die Stufe war tief. Wir hatten das Boot allerdings schon wieder aufgerichtet. Der 470er Segler hatte nicht mal nasse Füsse bekommen! Ein verrückter Typ, der später mit einem 420er die Küste Norwegens abgesegelt, im Boot geschlafen und es dort mit Strömungen zu tun gehabt hatte, die er wohl nie mehr in seinem Leben erleben will. Prima Bursche, verkaufte ansonsten Schuhe, um seinen Sport zu finanzieren.

ich und Po

Dieses erste Boot habe ich später an einen jungen Mann verkauft, der mit seinem Vater am Neusiedlersee segeln wollte. Sie gewannen da nach einigen Kenterungen tatsächlich ein blaues Band - nach seiner Aussage. Dann verlor sich die Spur dieses Bootes. Ich aber wusste: Nie mehr ein Schnittmuster zusammenkleben. Und ich wusste: Dabei soll es nicht bleiben, denn wer einmal selbst ein Boot gebaut hat, der will noch einmal tun und erleben, wie das, was er geschaffen hat, trägt. Diese ersten Momente sind unvergesslich.

Aber jetzt sollte es etwas kleiner sein. Und da ich im Leben sowieso meist alleine unterwegs bin, später auch verheiratet, schien mir ein Boot von gerade mal 3,3 m Länge damals richtig. Ich war ja auch 15 kg leichter damals mit meinen 1,85 m Länge. 75 kg, statt etwas über 90 kg heute. Und überhaupt, ab jetzt wollte ich meine Boote selbst entwerfen. Unten das Ergebnis:


klein

Das Boot war zwar etwas aufwendig mit dem doppelten Boden, aber sehr leicht aus 5 mm Sperrholz und schnell gemacht. Allerdings klassisch mit Stringern auf Spanten und dann mit Sperrholz beplankt, alle Nähte dann mit dem neuen Epoxi und Glagewebeband zusätzlich gegen Feuchtigkeit gesichert. Das ging jetzt alles schon flotter von der Hand.

Geld hatte ich damals als Student ohne Förderung nur wenig und lebte von Ravioli und Elternbesuchen. Ich hatte nach Abitur und 2 Jahren bei der Luftwaffe zunächst einen Studentenjob als Korrektor bei einer Druckerei, dann als Korrektor für den Bundestag und war später für das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung auf Messen. Das war gut: Eine Woche auf der Messe als Standleiter sicherte das Leben für einen Monat. Das Geld für den Bootsbau kam von einem anderen Job. 

Also jetzt ein 3,3 m kurzes Boot. Mast und Segelwaren  wieder von LIS, zu schwer eigentlich, aber ein späterer leichterer Mast machte nur das Aufrichten leichter nach der Kenterung, sonst war der Unterschied nicht groß. Leider auch hier kaum Bilder, aber ich darf versichern, dass dieses Boot bei Wind schön schnell wurde. Ich war ja auch noch leicht genug! Unbequem war es natürlich auch, die Sitzerei auf der Kante war unbequem. Heute würde ich das Boote einfach mit einem Deck schließen - habe ich "heute" auch tatsächlich germacht. Dazu später mehr.  Aber in dem damaligen Alter war die Sitzposition egal. Wichtiger war, dass das Boot auf einen alten Käfer oder R4 passte, aufs Dach, und ab nach Holland oder an den Rursee. Mosel ansonsten. Alles gut.

schräg

Das übernächste Jahr sah mich in einer kleinen gemieteten Halle mit einem neuen Projekt. Diesmal ein Doppelknickspant. 4,4 m lang, 1,2 m breit. Der Bau machte wenig Probleme, auch weil die Beplankung recht dünn ausfiel nach meinem Supersperrholz des ersten Bootes. Wieder 5 mm Bootsbausperrholz, das man auch sattelförmig Biegen kann mit Gewalt. Das machte aber leider zusätzlich dünne Bodenbretter nötig. Dafür war das Deck vorne sehr steif unterstützt, denn ich hatte einen Platz im Club, wo ich das Boot von Land von vorne aus betreten musste, wenn es von der Rollrampe runter war und schwamm. Das "von vorne" war die einfachste Methode, aber auch eine wirklich kipplige Angelegenheit. Machbar nur, wenn nur das Deck auch steif genug für einen kleinen Hüpfer war.

ugw

Dieses Boot war reichlich übertakelt und sehr schnell, wenn mal jemand für das Trapez greifbar war. Ich habe bis heute kein Boot gesegelt, das schneller Ist. Es war einem Fireball ähnlich, der auch recht schnell sein soll, bin ich leider nie selbst gesegelt. Mein Boot erhielt wegen des Speeds den Namen "Um Gottes Willen". Den Namen musste ich auf Wunsch der Clubleitung aber leider schon bald ändern. Es hieß dann nur noch "mc^2". Das gefiel besser.war ok.

weit weg

Dann war die Zeit des Segelns erst einmal vorbei, denn ich hatte das Drachenfliegen für mich entdeckt. Mit einer dummen Kombination: Gebrauchte Drachen und kaum Geld!

Gott sei Dank bin ich mit diesen Krücken nie von hohen Bergen oder in der Thermik geflogen, kann ich heute sagen. Die Moselschleife im Bild unten, von der Rampe, war mein höchstes Abenteuer. Da ich heute von solchen Fluggeräten tatsächlich ein wenig Ahnung habe, sträuben sich mir heute gerne die Haare. Aber lassen wir das Thema, es ist ja nichts passiert. Mir jedenfalls nicht, andere leben schon lange nicht mehr. 

Schrott

Dann, statt eine klassische Karriere zu beginnen, habe ich angefangen ein seltsames Flugzeug zu konstruieren. Ich wollte nicht einsehen, dass ein Flugzeug abschmiert oder trudelt, wenn es unerkannt von einem unerfahrenen Piloten drastisch an Geschwindigkeit verliert. Darauf gehen über 85% aller schlimmen Unfälle in der Privatflieferei auch heute noch zurück. Das musste doch auch anders gehen, dachte ich und erhielt ein Patent auf meinen Entwurf. Samt der Aufforderung de
s Prüfers, diesen Flieger nun auch wirklich zu bauen.
sunny
Das habe ich gemacht und erhielt Lob von einigen Zulassungsstellen für Idee, Ausführung und Flugeigenschaften. Aber es war ein schwieriger Weg für einen Einzelkämpfer wie mich. Später hatte ich dann ein, zwei, drei Mitarbeiter und insgesamt haben wir in 10 Jahren 150 dieser Doppelsitzer gebaut. Irgendwo fliegen einige von denen auch heute noch durch die Gegend. Sehr sicher auch bei schlechtem Wetter, verliert der Flieger aus welchen Gründen auch immer drastisch an Geschwindigkeit, fliegt er einfach mit leicht erhöhten Sinken voll steuerbar weiter. Mission erfüllt.  Diese Flugzeuge haben nie versagt und waren zusammen vielleicht 100.000 Stunden unterwegs.

Dazu meine Seite  www.sunny-boxwing.de.

Mein Problem damals: Ich konnte die Flugzeuge fliegen, bin bin den Prototypen mitgeflogen, aber ich hatte ein Problem, das mir schon beim Drachenfliegen aufgefallen war: Ich konnte in der Luft nicht beurteilen, wie der Bodenverlauf war. Ob ich auf einen Berghang zuflog oder ob es unter/vor mir eben war. Seltsamer Fehler, hat aber einen Namen in der Medizin. Und dieser Fehler hat mich davon abgehalten, mich durch eine Fehlbeurteilung doch noch umzubringen. Und gelinde Schiss hatte ich natürlich auch. Haben fast alle, wenn es mal stürmisch wird.

Und jetzt zurück zum Segeln:

Nachdem ich die Firma im Jahre 2.000 verkauft hatte, zog ich nach München, wo meine langjährige Freundin arbeitete, die ich später heiratete. Und wieder musste ein Boot her. Erst war es eine Proa, von der ich nicht einmal ein Photo habe, so schlimm war die Segelei auf dem Ammersee mit dem Ding, das nicht wenden konnte, sondern vorwärts und rückwärts gefahren werden musste. Dann doch lieber wieder so ein kleines Boot mit nur 3,3 m Länge, dachte ich mir. In München war dafür natürlich kein Bauplatz zu finden, doch einer meiner besten Piloten hatte ein Hotel in Speyer und das hatte einen Hof und da waren einige Garagen. Dort hatte ich auch schon die Proa gebaut. Mein kleiner Gleiter, eine Scow, war dort in 3 Wochen fertig. Besegelt mit älteren Surfriggs.

skiffandscow

Ein damaliger Bekannter, Akademiekünstler und Bildhauer, Johannes Potzler, wollte auch so etwas haben. Also bin ich wieder nach Speyer und habe in 10 Tagen für ihn den "geilen Keil" gebaut. Ein pures Boxboat-Skiff. Johannes schwärmte von "dieser Körper", als er den Keil das erste Mal sah und segtelte. Beide Boote waren mit Surfsegeln unterwegs, und nur dazu da um auf dem Wasser sitzen zu können, die Planke nach Lee rauszuschieben und Spaß zu haben. Und wir hatten, denke ich, erstens immer kalte Bierdosen im Gepäck und zweitens sehr viel Spaß vor 25 Jahren. Da war ich knapp 50 Jahre alt.

klein


andersrum
Dann kam ein schönes Boot. Nach einer schweren Knieeverletzung mit einem selbst entworfenen Wintersportrutscher war Selbstbau nicht angesagt, ein fertig, aber dünn gebauter Spatz aus der Salzachwerft, 4,1 m lang, 8,5 m Segelfläche wurde gekauft. Baujahr 60er Jahre. Das Boot war so rank, dass ich es zu Beginn mit Gummi in den Schoten gefahren bin, dann fühlte ich mich irgendwann zuhause - Gummi in die Tonne. Gummi macht ein Boot übrigens langsamer, weil die viele kleinen Druckstöße ins Gummi gehen und nicht in die Speed. Fast 20 Jahre bin ich damit jeden Sommer gesegelt, das Deck musste dazwischen komplett erneuert werden, wieder in Speyer. Wo sonst.

spatz,
Hier der Spatz bei Gleitfahrt. Typisch für diese Bootsform mit breiter Brust und sehr schmalem Heck (Typ verkleinerter Korsar) war das "Starten mit steigendem Bug" - ein tolles Gefühl. Fast schon Fliegen.  Zum Ende aber machte das Boot, das immer draussen unter ein Plane bzw. Persenning lag, bei mehr Wind dann Geräusche, dass Sabine, meine Frau, eigentlich eine Windhexe, bei Wind tatsächlich Angst bekam. Das leichte und dünngebaute Boot war weich geworden. Ein Rumäne wollte es trotzdem haben und er segelt damit jetzt im Bärenland, hoffentlich noch.

Dann kamen in schnellem Wechsel ein Laser, eine blaue "Hafenbarkasse", die nie aus den Pötten kam, ein alter oranger Trainer, dann erneut ein dünnes Sperrholzboot von der Salzachwerft, das ich im Garten in einem Zelt renovierte und auf das jemand vor dem Lackieren aus Bosheit WD 40 gesprüht hatte. Der Lack verläuft sich dann zu Mondkratern. Trotzdem sah das Boot zum Schluss nett aus, segelte aber nicht wie mein alter Spatz. Es ging dann bald an den Tegernsee.

Und dann kam wieder der Wunsch nach einem eigenen Entwurf auf. Mit einem Segel, dass seine Spieren komplett innen trägt. Fast schon ein Flügel. Ein giftiger "Flügel", wie sich herausstellen sollte. Doch zurück zum Boot - zum Bootskörper. Von Sperrholz hatte ich die Nase voll, aber dafür viel von Paulownia gelesen, einem extrem leichten Plantagenholz, wasser- und fäulnisresistent.. Bauen, ölen, fertig - schien mir möglich zu sein.

Bauplatz gab es natürlich keinen in München, ich wäre auch 50 km gefahren, es gab aber nix. Wo Platz gewesen wäre, stand ein Oldtimer drin. Dann lernte ich auf dem Bootsliegeplatz einen jüngeren Mann kennen, der die Wasserwacht mit seinen Segelversuchen beschäftigte. Der kaufte sich nach seinen Versuchen mit einem Klepper "Faltboot" eine alte Möhre, einen Klepper Capitano, am Platz und möbelte diesen hübsch auf, sogar neue Segel erhielt das Boot. Dem erzählte ich von meinem Plan, ein einfaches, offenes Flachbodenboot aus 18 mm starkem Paulownia aus dem Baumarkt zu bauen. Ohne Spanten und Spieren, stumpf mit Epoxi verklebt.

Er zweifelte, wohnte aber in einem alten Gehöft, ich bot Geld für den Versuch und über dem ehemaligen Kuhstall ließ sich ein Geviert mit Folie abteilen. Der Mann war geschickt im Besorgen von Baumaterial, sodass er eine gute Helling bauen konnte - meines Erachtens zuviel Aufwand, aber bitte. Und als der Rohbau stand, er hatte Gottsei Dank die Paulowniaplatten schäften lassen, fiel ihm auf, dass der Frontspiegel, den ich des einfachen Baus wegen vorgesehen hatte, doch blöd sei. Er wollte eine Spitze dran bauen. - Bitte, gerne, dann mach' mal.

Darüber vergingen zusammen mit den Dollboards Monate, in denen er winters alleine werkelte  Danach kümmerte ich mich um die Schleiferei und wollte das Boot zunächst von innen ölen, mit dem Besten, was es für Geld zu kaufen gab - Osmo Terrassenöl "rutschfest". Aber das Öl schlug an den Fugen der Leimholzplatte durch den Bootsboden durch, die Paulownia-Platten aus dem Baumarkt waren das Geld nicht wert. Also Boot auf den Kopf und außen mit Glasgewebe und Epoxi beschichtet. Wieder Schleiferei, mein Rücken schrie mich an. Dann wieder innen ölen und außen die teuerste Hausfarbe drauf. "Gloss" sollte dieser Bau ja nicht sein. - Und so ist es bis heute, Versuch mit Paulownia doch noch geglückt.

Mein Helfer bekam 2.000 Euro von mir, Material und alles drumherum hatte ich natürlich bezahlt. Trotzdem blieb noch genug Geld, um Nähmaschinen zu ruinieren, weil ich unbedingt das Doppelsegel mit innenliegenden Spieren ausprobieren wollte. Unten im Bild ist es zu sehen. Ich glaube, dieser Aufbau eines Riggs ist einmalig auf der Welt, aber es braucht wirklich einen Segelmacher und entschiedenen Mitstreiter, wenn man sowas auf den Markt bringen  will. Mein Helfer wollte davon nichts wissen und ich war mit Anfang 70 damals wohl schon zu alt, um mit mehr Verve zu werben.

Paul1

Und ja, wer weiß, dass einfache Kastenboote aus Vollholz wie dieses früher in den USA an einem Tag für 50 Dollar gebaut wurden, nach Augenmaß und Erfahrung, und dass die Besegelung und Ruder etc. noch einmal das Dreifache kosteten, der weiß: Der Bootskörper ist nur die halbe Miete, auch wenn man ihn nur ölen muss. Ein ordentlicher Aufwand liegt in den Segeln und allem, was es sonst noch braucht: Also Ruder, Schwert, Beschläge und so fort. Und dann noch der Aufwand, alles zum Laufen zu bringen. Wobei das Nähen im Wohnzimmer oder draussen großer Mist ist. Aber es wurde alles fertig.

Erprobung dann bei Beaufort 4-5. Es wehte ordentlich in den Bäumen und der See hatte kleine weiße Kappen zum Fest aufgezogen. Das Boot war aber ohne Zweifel das langsamste Boot, dass ich je konstruiert hatte. Der stolze Helfer war erbost und enttäuscht und überhaupt. Aber es lag ja nicht an ihm, es lag am Doppelsegel. Also ein neues Doppelsegel, vorne offen wie ein Gleitschirm, dann wieder geschlossen und so fort wechselte es sich ab. Es wurde nicht besser, die Leesiete des Segels, also die wichtigere, zog einfach nicht, hing nur herunter. Das Boot war lahm und ich bald kreuzlahm von dem ganzen sinnlosen Aufwand. Aber manchmal zog das Segel auch "wie blöde" und zeigte, was in ihm steckt - gerne eine Kenterung. Etwas Ähnliches, nur ohne Kenterung, hatte auch Herreshoff, ein bekannter Konstrukteur des 19. Jahrhunderts mit Twin-Skin-Segeln schon erlebt. Ich hätte es also besser wissen können. Aber was soll's: Jugend forscht - bis ins hohe Alter.

Schließlich habe ich ein einfaches Segel entworfen und in Übersee bestellt, preisgünstig, damit segle ich heute noch. Das Boot ist auch flott, denn bei BF 4 erreicht man auch mal kurz 8  Knoten. Das ist nicht viel viel für heutige, fertig gekaufte leichte Rutscher mit Carbon und allem was gut und teuer ist. Mein Helfer hat sich so ein Ding gebraucht gekauft und berichtet von seinen Versuchen, die 15 Knoten-Marke zu knacken. Davon kann bei mir keine Rede sein, doch für ein besseres Ruderboot wie dem da unten (noch mit einem Eigenbausegel) sind 5 kn leicht und 8 kn ab und zu in Ordnung, meine ich.

Was dagegen schon immer schlecht war und es auch heute noch ist bei diesen Flachbodenbooten - hat man Welle und wenig Wind, dann hämmern solche Boote mit dem Bug. Kluger Spruch dazu von allen Seiten: Du musst es auf der Kante segeln, das Boot schneidet dann wie Butter durch die Wellen! Ja klar, wie Butter. Mindestens. Es gibt aber auch ein großes ABER: Bei wenig Wind und trotzdem Welle muss man sich bei einem horizontal sehr stabil liegenden Flachbodenboot weit nach Lee setzen, um das hohe aufrichtende Anfangsmonet zu überwinden auf die Kante zu kommen um dann und nachzuspüren, wo die "Butter" sein könnte. Hat man das geschafft, fehlt allerdings nur ein Hauch und man liegt im Bach. 1,03 m Wasserlinienbreite sind nicht viel und die Stabilitästkurve von leichten und nur leicht belasteten Flachbodenbooten ist bekanntlich eine kleine Katastrophe, sie fäll plötzlich steil ab und man selbst ins Wasser.

Trotzdem kann man natürlich von Lee aus segeln, um das Boot auf die Kante zu bringen. Die 12jährigen im Optimisten machen das gerne vor und auch einen Handstand auf dem Bootsboden vorm Wind. Mit Mitte 70 tut man sich da eher schwer - kann ich versichern. Und der einzige Grund für ein Flachbodenboot war und ist für mich die einfache Bauweise und die Tatsache, dass man solch ein Boot am besten vom Boden aus segelt. Auf dem Boden sitzend. Ohne Turnen. Wo man bitte auch sitzen bleibt und Boen mit der Schot und/oder mit dem Kurs abfängt. Nicht durch Turnen! Auch bei BF 4. Das geht gut, wenn man etwas aufpasst und ein Segel hat, dass nicht pötzlich den Halbstarken spielt.

Hier unten das etwas kleinere selbstgebaute Einfach-Segel. Und trotzdem sind Boot und Sitzposition nichts für Verhältnisse, bei denen der Wind bei angenehmen  3 Bf sprunghaft zu Boen von 5-6 Bf wechselt. Das gab es früher am Ammersee kaum, jetzt aber ständig. Früher war eben alles besser. Der Wind und auch der Mut. 

schön 

So, das war es von einem alten Mann zum Thema Boote bauen.  Es gäbe noch viel zu  sagen,  aber statt dessen lieber ein klares Fazit:  Boot bauen macht Spaß, Boot segeln auch, Altwerden eher nicht. Doch dafür habe ich ja jetzt immerhin schon fast das richtige Boot. Aus warmem Vollholz. Paulownia sei Dank. Zu erhalten bei IPaulownia - Internet.


Unten das Boot mit dem in Übersee gefertigten Segel. Es ist nicht "unglaublich viel besser" als das selbst Genähte, aber es wird länger halten, weil es auf einer vernünftigen Maschine genäht wurde.


ruhig blonder, es dauert nicht mehr lange 

Danke für Ihre Aufmerksamkeit!

Nachtrag: Kontakt bitte über projekte@gute-schreibe.de

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