Segeln
1974 bis heute

Bild von Johannes Potzler 2.000 gemalt. Boot: Geiler Keil, Eigenbau
(siehe weiter unten)
Es gab einmal eine Zeit, da war ich Mitte 20, Student in Bonn, und es
kam
eine neue Methode auf, Boote zu bauen. Man arbeitete mit Abwicklungen
der Außenhaut aus Sperrholz und "nähte" diese an der Kimm und im
"Kielbereich" mit Kupferdraht zusammen. Dann symmetrisch in Form
bringen und Kimm und "Kiel" mit Polyester und Glasgewebestreifen Stück
für Stück verkleben, dann die Kuperdrähte entfernen und die Nähte mit
langen Streifen Glasfasergewebe dauerhaft verbinden. Eine ziemliche
Sauerei, wenn man nicht alles abklebt. Ich dachte mir, das könne man
auch später noch entfernen. Eher nicht. Aber bitte, es war das erste
Boot, ich hatte nur die Abwicklungen, keine Bauanleitung, und ging ans
Werk.
Los ging's. Das Sperrholz hatte ein Holzlieferant auf Lager, ein Kunde
hatte das teure Zeug von Hechthout in den Niederlanden nicht abgeholt,
daher Sonderpreis für mich. 7 mm stark und das festeste Sperrholz, das
ich bis heute in der Hand hatte. Viel zu schade für so ein Boot.
Das Schäften der großen Platten hatte ich mir angelesen, einen großen
alten
Tisch besorgt und einen Hobel und einen Schleifstein. Tatsächlich
brachte ich nach kurzer Zeit vernünftig plane Schäftungen zustande -
dem
alle halbe Stunde geschärften Hobelmesser sei Dank. Dann habe ich die
Planken das erste Mal verbunden. Siehe unten. Mein Bauplatz war
mein Studentenzimmer, in der Mitte durch ein
Glastür geteilt, nach hinten aber zum Garten hin offen mit zwei
Fenstern. Das war wichtig, denn dort musste das Boot hinaus und dann
zu einer Garagentür und von dort durch die Garage auf die Strasse.


Das Boot war mit über 5 m Länge wohl doch etwas groß für die alte
Studentenbude, das Bett musste später halb unter das Boot. Leider war
ich nie ein Fan von Photos - wozu hat man ein Gedächtnis. Es
gab also nur Photos, wenn ein anderer sie machte. Einige Zeit später
hatte ich den Rumpf zusammen, an Bug und Spiegel und auch "unterwegs".
Ein
wabbeliges Ding, das dafür aber gut durch das Fenster in den Garten und
von dort in die Garage zu bugsieren war. Meine Mitbewohner waren froh,
denn der Polyestergestank der ersten Zeit war wirklich furchtbar und
Expoxi war noch
nicht in Mode und viel zu teuer - Anfang der 70er. Ich hatte übrigens
das ganze
alte Haus
gemietet und Zimmer untervermietet. Sonst wäre ich wohl gerädert worden
ob meiner Ambitionen.
In der Garage wurde dann das vorbereitete Deck flach auf den
Boden
gelegt, und der zusammengeharzte, wabbelige Bootskörper über Kopf
darauf gesetzt,
fest nach unten gedrückt und dann mit dem Deck verklebt. Innen und
außen. Mein Holz
war allerdings so steif, dass ich mir eine Grubenwinde von einer
Baustelle
leihen musste - und trotzdem bekam ich das Ding kaum zusammen. Dann war
endlich ein fester Bootskörper entstanden und konnte im Licht des Tages
betrachtet werden.

Es folgte ein endloses Spachteln und Schleifen. Mast
und Segel kaufte ich gebraucht von einem Hersteller, der nur eine
Stunde entfernt arbeitete - LIS. Die hatten alles, was ich brauchte und
waren sehr nett. Ich war noch öfter dort.

Nun kam die Frage: Wo sollte dieses denn eigentlich Boot segeln. Rhein?
Giftig damals
und zuviel Strömung und Schiffe. Rurtalsperre und Mosel waren jedoch
erreichbar in 1 bis 1,3 Stunden. Die Entscheidung nahm mir ein netter
älterer
Segler ab, der
sein Kielboot bei Koblenz auf der Mosel in einem Club hatte. Der fuhr
an der Garage vorbei, fand
meinen Eigenbau (ein fremder Entwurf) verrückt und spannend, besorgte
mir
einen Platz
und eine Mitgliedschaft und damit war ich an der Mosel installiert.
Segeln konnte
ich schon, denn meine Eltern hatten ein Kielboot am Rursee.
Mein Boot erwies sich als recht rank, es schwamm so hoch auf, als
hätte jemand die Urmasse um 20% vergrößert und die ^3-Regel nicht
beachtet. Doch ein junger Mann vom Club
fand
das nur richtig sportlich - er war 470er Segler und in der
Olympiaauswahl. Mit ihm kenterte ich in einem Gewitter vor der Schleuse
bei Koblenz und die Feuerwehr kam mit Tatütata gerast, denn die Stufe
war tief. Wir
hatten
das Boot allerdings schon wieder aufgerichtet. Der 470er Segler hatte
nicht mal nasse Füsse bekommen! Ein verrückter Typ, der später mit
einem 420er
die
Küste Norwegens abgesegelt, im Boot geschlafen und es dort mit
Strömungen zu tun gehabt hatte,
die er wohl nie mehr in seinem Leben erleben will. Prima Bursche,
verkaufte ansonsten Schuhe, um seinen Sport zu finanzieren.

Dieses erste Boot habe ich später an einen jungen Mann verkauft, der
mit
seinem Vater am Neusiedlersee segeln wollte. Sie gewannen da nach
einigen Kenterungen tatsächlich ein blaues Band - nach seiner Aussage.
Dann verlor
sich die Spur dieses Bootes. Ich aber wusste: Nie mehr ein
Schnittmuster zusammenkleben. Und ich wusste: Dabei soll es nicht
bleiben, denn wer einmal
selbst ein Boot gebaut hat, der will noch einmal tun und
erleben, wie das, was er geschaffen hat, trägt. Diese ersten Momente
sind unvergesslich.
Aber jetzt sollte es
etwas kleiner sein. Und da ich im Leben sowieso meist alleine unterwegs
bin, später auch verheiratet, schien mir ein Boot von gerade mal 3,3 m
Länge damals richtig. Ich war ja auch 15 kg leichter damals mit meinen
1,85 m Länge. 75 kg, statt etwas über 90 kg heute. Und überhaupt, ab
jetzt wollte ich meine Boote selbst entwerfen. Unten das Ergebnis:

Das Boot war
zwar etwas aufwendig mit dem doppelten Boden, aber sehr leicht aus 5
mm Sperrholz und
schnell gemacht. Allerdings klassisch mit Stringern auf Spanten und
dann mit Sperrholz beplankt, alle Nähte dann mit
dem neuen Epoxi und Glagewebeband zusätzlich gegen Feuchtigkeit
gesichert. Das
ging jetzt alles schon flotter von der Hand.
Geld hatte ich damals als Student ohne Förderung nur
wenig und lebte von Ravioli und Elternbesuchen. Ich hatte nach Abitur
und 2 Jahren bei der
Luftwaffe zunächst einen Studentenjob als
Korrektor bei einer Druckerei, dann als Korrektor für den Bundestag und
war später für das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung auf
Messen. Das war gut: Eine Woche auf
der Messe als Standleiter sicherte das Leben für einen Monat. Das Geld
für den Bootsbau kam von einem anderen Job.
Also jetzt ein 3,3 m kurzes Boot. Mast und Segelwaren wieder
von LIS, zu
schwer eigentlich, aber ein späterer leichterer Mast machte nur das
Aufrichten leichter nach der Kenterung, sonst war der Unterschied nicht
groß. Leider auch hier kaum Bilder, aber ich darf versichern, dass
dieses Boot bei Wind schön schnell wurde. Ich war ja auch noch leicht
genug! Unbequem war es natürlich auch, die Sitzerei auf der Kante war
unbequem. Heute würde ich das Boote einfach mit einem Deck schließen -
habe ich "heute" auch tatsächlich germacht. Dazu später mehr.
Aber in
dem
damaligen Alter war die Sitzposition egal. Wichtiger war, dass das Boot
auf einen alten Käfer oder R4 passte, aufs Dach, und ab nach Holland
oder an den Rursee. Mosel ansonsten. Alles gut.
Das übernächste Jahr sah mich in einer kleinen gemieteten Halle mit
einem neuen Projekt. Diesmal ein Doppelknickspant. 4,4 m lang, 1,2 m
breit. Der Bau machte wenig Probleme, auch weil die Beplankung recht
dünn ausfiel nach meinem Supersperrholz des ersten Bootes. Wieder 5 mm
Bootsbausperrholz, das man auch sattelförmig Biegen kann mit Gewalt.
Das machte aber leider zusätzlich dünne
Bodenbretter nötig. Dafür war das Deck vorne sehr steif unterstützt,
denn ich hatte einen Platz im Club, wo ich das Boot von Land von vorne
aus betreten musste, wenn es von der Rollrampe runter war und schwamm.
Das "von vorne" war die einfachste Methode,
aber auch eine
wirklich kipplige Angelegenheit. Machbar nur, wenn nur das Deck auch
steif
genug für einen kleinen Hüpfer war.

Dieses Boot war reichlich übertakelt und sehr schnell, wenn mal jemand
für das Trapez greifbar war. Ich habe bis heute kein
Boot gesegelt, das schneller Ist. Es war einem Fireball ähnlich, der
auch recht schnell sein soll, bin ich leider nie selbst gesegelt.
Mein Boot erhielt wegen des Speeds den
Namen "Um Gottes Willen". Den Namen musste ich auf Wunsch
der Clubleitung aber leider schon bald ändern. Es hieß dann nur noch
"mc^2". Das gefiel besser.war ok.

Dann war die Zeit des Segelns erst einmal vorbei, denn ich hatte das
Drachenfliegen für mich entdeckt. Mit einer dummen Kombination:
Gebrauchte Drachen und kaum Geld!
Gott sei Dank bin ich mit diesen
Krücken nie von hohen Bergen oder in
der Thermik geflogen, kann ich heute sagen. Die Moselschleife im Bild
unten,
von der Rampe, war mein höchstes Abenteuer. Da ich heute von solchen
Fluggeräten tatsächlich ein wenig Ahnung habe, sträuben sich mir heute
gerne die Haare.
Aber lassen wir das Thema, es ist ja nichts passiert. Mir jedenfalls
nicht, andere leben
schon lange nicht mehr.

Dann, statt eine klassische
Karriere zu beginnen, habe ich angefangen ein seltsames Flugzeug zu
konstruieren. Ich wollte nicht einsehen, dass ein Flugzeug abschmiert
oder trudelt, wenn es unerkannt von einem
unerfahrenen Piloten drastisch an Geschwindigkeit verliert. Darauf
gehen über 85% aller schlimmen Unfälle in der Privatflieferei auch
heute noch zurück. Das musste doch auch anders gehen, dachte ich und
erhielt ein
Patent auf meinen Entwurf. Samt der Aufforderung des Prüfers,
diesen Flieger nun auch wirklich zu bauen.

Das habe ich
gemacht und erhielt
Lob von einigen
Zulassungsstellen für Idee, Ausführung und Flugeigenschaften. Aber es
war ein schwieriger
Weg für einen
Einzelkämpfer wie mich. Später hatte ich dann ein, zwei, drei
Mitarbeiter und insgesamt haben wir in 10 Jahren 150 dieser
Doppelsitzer gebaut. Irgendwo fliegen einige von denen auch heute
noch durch die Gegend. Sehr sicher auch bei schlechtem Wetter, verliert
der Flieger aus welchen Gründen auch immer drastisch an
Geschwindigkeit, fliegt er einfach mit leicht erhöhten Sinken voll
steuerbar weiter. Mission erfüllt. Diese
Flugzeuge haben nie versagt und waren zusammen vielleicht 100.000
Stunden unterwegs.
Dazu meine Seite www.sunny-boxwing.de.
Mein Problem damals: Ich konnte die Flugzeuge fliegen, bin bin den
Prototypen mitgeflogen, aber ich hatte ein Problem, das mir schon beim
Drachenfliegen aufgefallen war: Ich konnte in der Luft nicht
beurteilen, wie der Bodenverlauf war. Ob ich auf einen Berghang zuflog
oder ob es unter/vor mir eben war. Seltsamer Fehler, hat aber einen
Namen in der Medizin. Und dieser Fehler hat mich davon abgehalten, mich
durch eine
Fehlbeurteilung doch noch umzubringen. Und gelinde Schiss hatte ich
natürlich
auch. Haben fast alle, wenn es mal stürmisch wird.
Und jetzt zurück zum Segeln:
Nachdem ich die Firma im Jahre 2.000 verkauft hatte, zog ich nach
München, wo meine langjährige Freundin arbeitete, die ich später
heiratete. Und wieder musste ein Boot her. Erst war es eine Proa, von
der ich nicht
einmal ein Photo habe, so schlimm war die Segelei auf dem Ammersee mit
dem Ding, das nicht wenden konnte, sondern vorwärts und rückwärts
gefahren werden musste. Dann doch lieber wieder so ein kleines Boot mit
nur 3,3 m Länge, dachte ich mir. In München war dafür natürlich kein
Bauplatz zu finden, doch einer meiner
besten Piloten hatte ein Hotel in Speyer und das hatte einen Hof und da
waren einige Garagen. Dort hatte ich auch schon die Proa gebaut. Mein
kleiner Gleiter, eine Scow, war dort in 3 Wochen fertig. Besegelt mit
älteren Surfriggs.

Ein
damaliger Bekannter,
Akademiekünstler und Bildhauer, Johannes Potzler, wollte auch so etwas
haben. Also bin
ich
wieder nach Speyer und habe in 10 Tagen für ihn den "geilen Keil"
gebaut. Ein pures Boxboat-Skiff. Johannes schwärmte von "dieser
Körper", als er den Keil das erste Mal sah und segtelte. Beide Boote
waren mit Surfsegeln
unterwegs,
und nur dazu da um auf dem Wasser sitzen zu können, die Planke nach Lee
rauszuschieben und Spaß zu haben. Und wir hatten, denke ich, erstens
immer kalte Bierdosen im Gepäck und zweitens sehr viel Spaß vor
25 Jahren. Da war ich knapp 50 Jahre alt.


Dann
kam ein schönes Boot. Nach einer schweren Knieeverletzung mit einem
selbst entworfenen Wintersportrutscher war Selbstbau nicht angesagt,
ein fertig, aber dünn gebauter
Spatz aus der Salzachwerft, 4,1 m lang, 8,5 m Segelfläche wurde
gekauft. Baujahr 60er
Jahre. Das Boot war so rank, dass ich es zu Beginn mit Gummi in den
Schoten
gefahren bin, dann fühlte ich mich irgendwann zuhause - Gummi in die
Tonne. Gummi macht ein Boot übrigens langsamer, weil die viele kleinen
Druckstöße ins Gummi gehen und nicht in die Speed. Fast 20 Jahre bin
ich
damit jeden Sommer gesegelt, das Deck musste dazwischen komplett
erneuert werden, wieder in Speyer. Wo sonst.
,
Hier
der Spatz bei Gleitfahrt. Typisch für diese Bootsform mit breiter Brust
und sehr schmalem Heck (Typ verkleinerter Korsar) war das "Starten mit
steigendem Bug" - ein tolles
Gefühl. Fast schon Fliegen. Zum Ende aber machte das Boot, das
immer draussen unter ein Plane bzw. Persenning lag, bei mehr Wind
dann Geräusche, dass Sabine, meine Frau, eigentlich eine Windhexe, bei
Wind
tatsächlich Angst bekam. Das leichte
und dünngebaute Boot war weich geworden. Ein Rumäne wollte es trotzdem
haben und er segelt damit jetzt im Bärenland, hoffentlich noch.
Dann kamen in schnellem Wechsel ein Laser, eine blaue
"Hafenbarkasse",
die nie aus den Pötten kam, ein alter oranger Trainer, dann erneut
ein dünnes Sperrholzboot von der Salzachwerft, das ich im Garten in
einem Zelt renovierte und auf das jemand vor dem
Lackieren aus Bosheit WD 40 gesprüht hatte. Der Lack verläuft sich dann
zu Mondkratern. Trotzdem sah das Boot zum
Schluss nett aus, segelte aber nicht wie mein alter Spatz. Es ging dann
bald
an
den Tegernsee.
Und dann kam wieder der Wunsch nach einem eigenen Entwurf auf. Mit
einem Segel, dass seine Spieren komplett innen
trägt. Fast
schon ein Flügel. Ein giftiger "Flügel", wie sich herausstellen sollte.
Doch zurück zum Boot - zum Bootskörper. Von Sperrholz hatte ich die
Nase voll, aber dafür viel von
Paulownia gelesen,
einem extrem leichten Plantagenholz, wasser- und fäulnisresistent..
Bauen, ölen, fertig - schien mir möglich zu sein.
Bauplatz gab es
natürlich keinen
in München, ich wäre auch 50 km gefahren, es gab aber nix. Wo Platz
gewesen wäre, stand ein Oldtimer drin. Dann lernte ich auf dem
Bootsliegeplatz einen
jüngeren Mann kennen, der die Wasserwacht mit seinen Segelversuchen
beschäftigte. Der kaufte sich nach seinen Versuchen mit einem Klepper
"Faltboot" eine alte Möhre, einen Klepper Capitano, am Platz und möbelte diesen
hübsch auf, sogar neue Segel erhielt das Boot. Dem erzählte
ich von meinem
Plan, ein einfaches, offenes Flachbodenboot aus 18 mm starkem Paulownia
aus
dem Baumarkt zu bauen. Ohne Spanten und Spieren, stumpf mit Epoxi
verklebt.
Er zweifelte, wohnte aber in einem alten Gehöft, ich bot Geld für den Versuch und über dem
ehemaligen Kuhstall ließ sich ein Geviert mit Folie abteilen. Der Mann
war geschickt im Besorgen von Baumaterial, sodass er eine gute
Helling bauen konnte - meines Erachtens zuviel Aufwand, aber bitte. Und
als der Rohbau stand, er hatte Gottsei Dank die Paulowniaplatten
schäften lassen, fiel ihm auf, dass der Frontspiegel, den ich des
einfachen Baus wegen vorgesehen hatte, doch blöd sei. Er wollte eine
Spitze dran bauen. - Bitte, gerne, dann mach' mal.
Darüber vergingen zusammen
mit den Dollboards
Monate, in denen er winters alleine werkelte Danach kümmerte ich
mich um
die Schleiferei und wollte das Boot zunächst von innen ölen, mit dem
Besten, was es für Geld zu kaufen gab - Osmo Terrassenöl "rutschfest".
Aber das Öl schlug an den Fugen der Leimholzplatte durch den Bootsboden durch, die Paulownia-Platten aus
dem Baumarkt waren das Geld nicht wert. Also Boot auf den Kopf und
außen mit
Glasgewebe und Epoxi beschichtet. Wieder Schleiferei, mein Rücken
schrie mich an. Dann wieder innen
ölen und außen die teuerste Hausfarbe drauf. "Gloss" sollte dieser Bau ja
nicht sein. - Und so ist es bis heute, Versuch
mit Paulownia doch noch geglückt.
Mein Helfer bekam 2.000 Euro von mir, Material und alles drumherum
hatte ich natürlich bezahlt. Trotzdem blieb noch genug Geld, um
Nähmaschinen zu ruinieren, weil
ich unbedingt das Doppelsegel mit innenliegenden Spieren ausprobieren
wollte. Unten im Bild ist es zu sehen. Ich glaube, dieser Aufbau eines
Riggs ist einmalig auf der Welt, aber es braucht wirklich einen
Segelmacher und entschiedenen Mitstreiter, wenn man sowas auf den
Markt bringen will. Mein Helfer wollte davon nichts wissen und
ich war mit Anfang 70 damals
wohl schon
zu alt, um mit mehr Verve zu werben.

Und ja, wer weiß, dass einfache Kastenboote aus Vollholz wie dieses
früher in
den
USA an einem Tag für 50 Dollar gebaut wurden, nach Augenmaß und
Erfahrung, und dass die Besegelung und Ruder
etc. noch einmal das Dreifache kosteten, der weiß: Der Bootskörper ist
nur die
halbe Miete, auch wenn man ihn nur ölen muss. Ein
ordentlicher Aufwand liegt in den Segeln und allem, was es sonst noch
braucht: Also Ruder, Schwert, Beschläge und so fort. Und dann noch
der Aufwand, alles zum Laufen
zu bringen. Wobei das Nähen im Wohnzimmer oder draussen großer Mist
ist. Aber es
wurde alles fertig.
Erprobung dann bei Beaufort 4-5. Es wehte ordentlich in den Bäumen
und
der See hatte kleine weiße Kappen zum Fest aufgezogen. Das Boot war
aber ohne Zweifel das
langsamste Boot, dass ich je konstruiert hatte. Der stolze Helfer war
erbost und enttäuscht und überhaupt. Aber es lag ja nicht an ihm, es
lag am Doppelsegel.
Also ein neues Doppelsegel, vorne offen wie ein Gleitschirm, dann
wieder geschlossen und so fort
wechselte es sich ab. Es wurde nicht besser, die Leesiete des Segels,
also die wichtigere, zog einfach nicht, hing nur herunter. Das Boot war
lahm und ich
bald kreuzlahm von dem ganzen sinnlosen Aufwand. Aber manchmal zog das
Segel auch "wie blöde" und zeigte, was in ihm steckt - gerne eine
Kenterung. Etwas
Ähnliches, nur ohne Kenterung, hatte auch Herreshoff, ein bekannter
Konstrukteur des 19. Jahrhunderts mit
Twin-Skin-Segeln schon erlebt. Ich hätte es also besser wissen
können.
Aber was soll's: Jugend forscht - bis ins hohe Alter.
Schließlich habe ich
ein einfaches Segel entworfen und in Übersee bestellt, preisgünstig,
damit segle ich heute
noch. Das Boot ist auch flott, denn bei BF
4 erreicht man auch mal kurz 8 Knoten. Das ist nicht viel viel
für heutige, fertig
gekaufte leichte Rutscher mit Carbon und allem was gut und teuer ist.
Mein Helfer hat sich so ein Ding gebraucht gekauft und berichtet von
seinen Versuchen, die 15 Knoten-Marke zu knacken. Davon kann bei mir
keine Rede sein, doch
für ein
besseres Ruderboot wie dem da unten (noch mit einem Eigenbausegel) sind
5 kn leicht und 8 kn ab und zu in Ordnung,
meine ich.
Was dagegen schon immer
schlecht war und es auch heute noch ist bei diesen Flachbodenbooten -
hat man Welle und wenig Wind, dann hämmern solche Boote mit
dem Bug. Kluger Spruch dazu von allen Seiten: Du musst
es auf der Kante segeln, das Boot schneidet dann wie Butter durch die
Wellen! Ja klar, wie Butter. Mindestens. Es gibt aber auch ein großes
ABER: Bei wenig Wind und trotzdem Welle muss man
sich bei einem horizontal sehr stabil liegenden Flachbodenboot weit
nach Lee setzen, um das hohe
aufrichtende Anfangsmonet zu überwinden auf die Kante zu kommen um dann und
nachzuspüren, wo die "Butter" sein könnte. Hat man das geschafft, fehlt
allerdings nur ein Hauch und man liegt im Bach. 1,03 m
Wasserlinienbreite
sind nicht viel und die Stabilitästkurve von leichten und nur leicht
belasteten Flachbodenbooten ist bekanntlich eine kleine Katastrophe, sie fäll plötzlich steil ab und man selbst ins Wasser.
Trotzdem kann man natürlich von Lee aus segeln, um das Boot auf die Kante zu bringen. Die
12jährigen im Optimisten machen das gerne vor und auch einen Handstand
auf dem Bootsboden vorm Wind. Mit Mitte 70 tut man sich da eher
schwer - kann ich versichern. Und der einzige Grund für ein
Flachbodenboot war und ist für mich die einfache Bauweise und die Tatsache,
dass man solch
ein Boot am besten vom Boden aus segelt. Auf dem Boden sitzend. Ohne Turnen. Wo
man bitte auch sitzen bleibt und Boen mit der Schot und/oder mit dem Kurs
abfängt. Nicht durch Turnen! Auch
bei BF 4. Das geht gut, wenn man etwas aufpasst und ein Segel hat, dass
nicht pötzlich den Halbstarken spielt.
Hier unten das etwas kleinere selbstgebaute Einfach-Segel. Und trotzdem sind Boot und Sitzposition nichts für
Verhältnisse, bei denen der Wind bei angenehmen 3 Bf sprunghaft zu Boen von
5-6 Bf wechselt. Das gab es früher am Ammersee kaum, jetzt aber ständig. Früher war eben alles
besser. Der Wind und auch der Mut.
So, das war es von einem alten Mann zum Thema Boote bauen. Es gäbe noch viel
zu sagen, aber statt dessen
lieber ein klares Fazit: Boot bauen macht Spaß, Boot segeln auch,
Altwerden
eher nicht. Doch dafür habe ich ja jetzt immerhin schon fast das
richtige Boot. Aus warmem Vollholz. Paulownia sei Dank. Zu erhalten bei
IPaulownia - Internet.
Unten das Boot
mit dem in Übersee gefertigten Segel. Es ist nicht "unglaublich viel
besser" als das selbst Genähte, aber es wird länger halten, weil es auf
einer vernünftigen Maschine genäht wurde.
Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Nachtrag: Kontakt bitte über projekte@gute-schreibe.de
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