Ueberlegungen zum NPH (Sammlung) 

Normaldruckhydrozephalus (NPH).
Beim NPH handelt es sich um eine Vergroesserung der Ventrikelraeume im Gehirn, die klassisch auf eine Abfluss- oder Resorptionsstoerung des Liquors („Hirnwassers“) zurueckgefuehrt wird. Auffaellig ist, dass die Stoerung der Regulation ohne Drucksteigerung einhergeht. Gleichwohl dabei Hirnsubstanz auf die Dauer untergehen sind die Ursache und eine Heilung des NPH bislang nicht bekannt.

Als Standardtherapie wird heute die Anlage eines Shunts gesehen: Ueber ein Drainagesystem mit Ventilen und einem Ausgleichsreservoir ganz oben am Schädel wird Liquor aus der Schaedelhoehle heraus- und dann unter der Haut in einer Leitung bis zum Bauchfell abgeleitet. Dieses Verfahren ersetzt die feine natürliche Regulation von Resorption und Abfluss des "verbrauchten" Liquors durch eine technische Steuerung, was Komplikationen mit sich bringt und nicht immer erfolgreich ist.

In Deutschland leben rund 1,8 Millionen Menschen mit einer Demenzdiagnose. Schätzungen zufolge könnte bei 10–15 % dieser Fälle unerkannt ein NPH vorliegen – das wären über 200.000 Betroffene. Viele von ihnen werden jedoch nicht erkannt, da die Symptome des NPH sich mit Alzheimer oder vaskulären Demenzen überschneiden.

Ein Problem, das es zu lösen gilt.


1. Abflusshypothese

Im menschlichen Schädel zirkulieren etwa 150 - 200 ml Liquor. Pro Tag werden aber rund 500–600 ml neu gebildet im Gehirn, überwiegend im Plexus choroideus der Hirnventrikel. Das bedeutet: der gesamte Vorrat wird mehrmals täglich komplett erneuert. Liquor cerebrospinalis wird aus dem Blutplasma als Ultrafiltrat gebildet – das heisst: Wasser, Elektrolyte und kleine Moleküle treten durch die Blut-Liquor-Schranke über.

Allerdings ist es kein passives Ultrafiltrat: Zellen des Plexus choroideus modifizieren die Zusammensetzung (Na⁺, K⁺, Glucose und Proteine). Daher bleibt Liquor zwar in seiner Grundsubstanz ein Ultrafiltrat des Plasmas, aber mit spezifischen aktiven Transport- und Regulationsprozessen wird dieses Fluid „feinjustiert“. Resorptionsflächen der Arachnoidalzotten sowie Abflüsse in das lymphatische System halten den Kreislauf des Liquors in Gang. Schon kleine Abweichungen – etwa durch Eiweißveränderungen, Entzündung oder auch Blutabbauprodukte – können die Viskosität des Liquors messbar verändern.

NPH wird gerne als ein Abflussproblem des beschriebenen Liquors in den Spinalkanal gesehen. Dagegen spricht allerdings folgende Erfahrung: Astronauten der ISS entwickeln in der Scheinschwerelosigkeit keinen NPH, obwohl der gravitationsabhaengige Abflussdruck fehlt. Und auch beim liegenden Menschen funktioniert die Liquorregulation, obwohl die hydrostatische Komponente deutlich reduziert ist. Und auch bei Lagewechseln (wie Aufstehen, Buecken, Kopfneigung) bleibt die Liquorhomoeostase stabil, trotz starker Aenderungen der Druckgradienten. Auch das spricht gegen die Abflusshypothese als Ursache eines NPH. Aber:

Stellt man bei einem NLP-Betroffenen einen vorübergehenden Abfluss des Liquors durch eine Lumbalpunktion (Spinalkanal, Entnahme nur 40 mL.) künstlich und einmalig her, stellt sich für die meisten Patienten eine spontane Verbesserung der Symptome ein, die erstaunlicherweise lange über die Entnahme hinaus anhalten kann.

Das spraeche für die schlichte Abflusshypothese als Ursache eines NPH. 


2. Rheologie (neue Betrachtung)

Die Liquorverteilung im ZNS aehnelt funktional und wasserbautechnisch ausgedrückt einem offenen Gerinne mit Sickerflaechen (Resorptionsstellen) und einem offenen Abfluss (Spinalkanal).

Damit unterscheidet sich Liquor grundlegend von einem geschlossenen Blutkreislauf, der primaer durch Druck gesteuert ist.

Neuere Arbeiten zeigen, dass das Gehirn zusätzlich noch ueber ein eigenes lymphatisches Netzwerk verfuegt. Diese sogenannten meningealen Lymphgefaeße sitzen in der Dura mater (aeußerste Hirnhaut). Damit wird deutlich: Liquor und Lymphe gehoeren funktional zusammen. Es handelt sich aber nicht um starre Leitungen, sondern um gewebsbasierte Freiraeume, in denen eine drucklose Stroemung, Viskositaet und Filterung eng zusammenwirken.

Ergänzung zum „offenen Gerinne“

Das Bild des offenen Gerinnes beschreibt die Liquorbewegung als gerichtete Strömung, die das Gehirn über Erweiterungen wie ein geäderter Fluss durchzieht. Dieses Modell gewinnt an Plausibilität, wenn man es durch die Mikrostruktur der weißen Substanz ergänzt. Dort finden sich feinste Spalten, Poren und Kanälchen, die dem Liquor eine "Spülrichtung" verleihen.

Auf diese Weise kann die Flüssigkeit das Gehirn auch ohne Drucksteigerung durchspülen, vergleichbar mit dem Sickerwasser in einem Moor, das nicht an Talsohlen gebunden ist, sondern über kleine Erhebungen hinwegzieht, wenn Quellen, Resorption und Abfluss untereinander fein gereglt sind.

Der Viskosität des Fluids kommt dabei entscheidende Bedeutung zu. Ist sie zu hoch, geraten die feinen Spalten zu einer Flussverzögerung. Auch ist die Resorption eines zu zähen Liquors mit der Reproduktion nicht mehr im Gleichgewicht.


3. Viskositaet

Der NPH könnte somit auf eine Störung der Regelung des Liquoraustauschs mittels Abfluss und/oder Resorption zurückzuführen sein, die in der Veränderung der absoluten und kinematischen Viskosität ihre erste Ursache hat. Dieser Gesichtspunkt verdient m.E. deutlich mehr Beachtung.

4. Bezuege


5. Erste Schlussfolgerung

Es erscheint sinnvoll, vor invasiven Eingriffen in das Gehirn, wie einer Shunt-Implantation, die die feine Regelung von Abfluss und Resorption durch schlichte Ableitung von Liquor "ähnlich" umgeht wie Entwässerungskanäler im Moor, zunächst den  Liquor- und Lymphstatus rheologisch zu untersuchen – insbesondere in Hinblick auf:

Messmethoden wie Kapillarviskosimeter, praezise Rheometer oder optische Verfahren (Mikropartikeltracking) koennten hierbei wertvolle Parameter liefern. Eine systematische rheologische Untersuchung koennte zumindest helfen, Patienten besser zu selektieren, um unnoetige Shunt-Operationen zu vermeiden und neue therapeutische Ansaetze zu entwickeln, die den Liquor- und den verwandten Lymphstatus im Fokus haben.


6. Hypothesenbildung

Der NPH zeichnet sich dadurch aus, dass trotz der möglichen Störung im Austausch des Liquors, bei dem ein Mehr an Liquor produziert wird, als von der Schädelkalotte aufgenommen werden kann, kein Uerberdruck entsteht. Die Bezeichnung Normaldruckhydrozephalus entstand aus eben dieser Beobachtung.

Dieser Umstand rückt nun eine mögliche Hypothese in den Fokus: